Die Neubauförderung für das Energiehaus 40 (EH40) steht offenbar erneut vor dem Stopp. Die Mittel seien „demnächst“ erschöpft, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Regierungskreise. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium will dies auf Anfrage nicht bestätigen. Eigentlich sollte die Förderung bis zum Jahresende laufen.

Das EH40-Programm stand in diesem Jahr schon mehrfach im Fokus der Öffentlichkeit: Die Neubauförderung für EH40 und EH55 war im Januar überraschend gestoppt, das EH40 deutlich reduziert im April wieder gestartet und auf strengere Nachhaltigkeitskriterien umgestellt worden. Bis zum Jahresende gibt es nur noch eine Neubauförderung, wenn das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) erreicht wird (siehe Kasten). Das QNG ist seit Mitte des vergangenen Jahres optionaler Teil der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG).

Für das kommende Jahr hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Neuaufstellung der Förderkulisse angekündigt. Ab Januar sollen unter dem Titel „Klimafreundliches Bauen“ die Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus der Gebäude im Fokus stehen. Weitere Förderbedingungen will Habecks Haus auf Anfrage unserer Redaktion nicht nennen.

„Ziel der Bundesregierung ist eine nachhaltige und langfristig verlässliche Förderkulisse im Gebäudebereich.“
Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz

Henning Ellermann von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz forderte im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie eine „auskömmliche Förderung in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr“. Auch die Architektenkammer Baden-Württemberg spricht sich in einem Papier für ein derartiges Fördervolumen aus. Jährlich sollten bis 2025 neun Milliarden und ab 2026 mindestens 20 Milliarden Euro an Zuschüssen fließen.

Im Fokus sollten Sanierungen stehen, so die Architekt*innen. „Wir schlagen vor, so zu fördern, dass der Gebäudesektor mindestens seinen eigenen Energiebedarf deckt. Dies wird erreicht durch bessere Energieeffizienz und -erzeugung am Gebäude oder im Quartier.“ Die Bundesarchitektenkammer mahnt zudem an, die Anforderungen an Nachhaltigkeitsexpert*innen genau zu definieren: „Für Architekten ist es aktuell nicht einfach zu verstehen, welche Rolle der Gesetzgeber ihnen in dem Planungs- und Antragsprozess der Förderung für nachhaltige Gebäude einräumt. Welchen Anforderungen muss ich als Nachhaltigkeitsexperte genügen?“ Von dem neuen Programm wünschen sie sich „verlässliche Antworten, damit Architekten sich mit vollem Engagement einbringen können“.

„Es soll so weitergehen“

KfW-Direktor Detlev Kalischer kündigte bereits an, dass die Grundlage für das neue Programm die jetzigen Nachhaltigkeitskriterien in der reformierten EH40-Förderung sein würden. Ein Punkt, den die Spitze der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) unterstützt. „Die jetzige Neubauförderung adressiert die richtigen Themen“, so die geschäftsführende Vorständin Christine Lemaitre zu competitionline.

Das Nachhaltigkeitsmodul habe eine „sehr gute Lenkungswirkung“, pflichtet Vorstandskollege Johannes Kreißig bei. „Dass die Lebenszyklusbetrachtung mit drin ist, ist ein echter Erfolg, denn die grauen Emissionen sind einfach nicht mehr vernachlässigbar“, betont Lemaitre.

„Inhaltlich wünschen wir uns vom ‚klimafreundlichen Bauen‘, dass es so weitergeht“, sagt Kreißig mit Blick auf das neue Programm. Es müsse nun im Fokus stehen, „die Themen praktikabel anwendbar zu machen“: „Das Kriterium Klimaschutz alleine stellt eben noch keine gute Innenraumluft, keine Flexibilität in der Nutzung, keine Schadstofffreiheit oder Resilienz gegenüber zunehmenden Risiken durch den Klimawandel sicher.“

Kritik von Branchenverbänden wie beispielsweise dem GdW am jüngsten Umbau der EH40-Neubauförderung kann Lemaitre nicht nachvollziehen: „Es ist traurig und auch ärgerlich, wie versucht wird, das längst überfällige Umsteuern unserer Fördersystematik und die inhaltliche Neuausrichtung hin zu ganzheitlichem Klimaschutz und zukunftssicheren Gebäuden im Keim zu ersticken.“ GdW-Präsident Axel Gedaschko hatte den bisherigen Umbau bei der Förderung als „Fiasko“ bezeichnet.

„Natürlich war der Prozess nicht ideal“, räumt Lemaitre ein. „Aber eine ‚große Transformation‘, von der so oft gesprochen wird, geht nicht immer reibungslos vonstatten.“ Wie wichtig es ist, dass unter anderem die Lebenszyklusbetrachtung in den Vordergrund rückt, unterstreicht sie mit Zahlen: Vor Jahren lag das Verhältnis der CO2-Emissionen aus der Herstellung der Bauprodukte (graue Emissionen) und den betriebsbedingten CO2-Emissionen noch bei 20:80; heute entstehen auch bei einem EH40-Gebäude über die Hälfte der Emissionen bei der Herstellung.

„Die grauen Emissionen sind einfach nicht mehr vernachlässigbar, wenn man eine klimaneutrale Gesellschaft anstrebt.“
Christine Lemaitre geschäftsführende Vorständen DGNB

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